Region. Der Deister ist weit mehr als ein bewaldeter Höhenzug am Rand der Region Hannover. Er ist Lebensraum für zahlreiche, teils bedrohte Tier- und Pflanzenarten, ein wichtiger Wasserspeicher und ein natürlicher Klimaregulator. Der gesamte Höhenzug steht unter Landschaftsschutz, auf der Südseite befinden sich zudem zwei ausgewiesene Naturschutzgebiete. Gleichzeitig ist der Deister ein beliebtes Naherholungsgebiet für Wandernde, Spaziergänger, Reitende und Radfahrende – eine intensive Nutzung, die immer wieder zu Konflikten führt.
Mountainbiking im Spannungsfeld von Natur- und Freizeitschutz
Besonders das Mountainbiken steht seit Jahren im Fokus der Diskussion. Zwischen 2013 und 2014 wurden in Zusammenarbeit der Niedersächsischen Landesforsten, des Vereins Deisterfreun.de und der Region Hannover drei offizielle Mountainbike-Downhilltrails als Pilotprojekt eingerichtet. Ziel war es, illegales Fahren zu reduzieren. Nach mehr als zehn Jahren zeigt sich jedoch: Dieses Ziel wurde nicht erreicht. In einschlägigen Outdoor-Apps sind mittlerweile über 80 illegale Strecken im Deister verzeichnet.
Ungenehmigte Trails verlaufen oft durch Bereiche, die als Wildruhezonen oder besonders geschützte Biotope dem Schutz von Tieren und Lebensräumen vorbehalten sind. Besonders die im Deister vorkommenden, störungsempfindliche Arten wie das Rotwild, die Wildkatze oder der Schwarzstorch sind durch die voranschreitende Zerschneidung betroffen und es gibt zunehmend weniger störungsfreie Rückzugsorte. Weiterhin werden Pflanzen und Biotope durch das Befahren zerstört oder geschädigt, wie beispielsweise bodennahe Wurzelbereiche. Durch das Bauen von Hindernissen, was nach LSG-Verordnung verboten ist, wird die Bodengestalt verändert und es kann zu Erosionsgeschehen kommen.
Genehmigung der Downhilltrails läuft aus
Die temporären Befreiungen von den Regelungen der Landschaftsschutzgebietsverordnung für die drei Downhilltrails enden zum Jahresende. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen die Strecken daher nicht mehr genutzt werden. Der Trägerverein Deisterfreunde hatte Ende Oktober eine Verlängerung um 15 Jahre beantragt. Die Region Hannover teilte nun mit, dass sie beabsichtigt, diesen Antrag abzulehnen. Im laufenden Verwaltungsverfahren hat der Verein noch die Möglichkeit zur Stellungnahme.
Warum die Genehmigungen befristet waren
Die Trails liegen im Landschaftsschutzgebiet Norddeister, wo strenge naturschutzrechtliche Vorgaben gelten. Für den Bau von Hindernissen und Streckenelementen waren umfangreiche Befreiungen erforderlich, die im Rahmen eines Pilotprojekts nur zeitlich begrenzt erteilt werden konnten. Eine dauerhafte Genehmigung wäre rechtlich nur möglich, wenn die Flächen aus dem Schutzgebiet herausgelöst würden – dafür wären politische Beschlüsse auf kommunaler Ebene und in der Regionsversammlung notwendig. Eine entsprechende Initiative ist derzeit nicht bekannt.
Naturbelastung und Regelverstöße
Kontrollen haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass die Downhilltrails erhebliche Auswirkungen auf die Natur haben. So ergab eine Überprüfung im Jahr 2023, dass mehr als doppelt so viele Hindernisse und Bauwerke entstanden waren wie ursprünglich genehmigt. Zudem wurden Strecken teilweise massiv erweitert. Gleichzeitig konnte das illegale Fahren nicht eingedämmt werden. Vor diesem Hintergrund sollen Downhillstrecken in den Schutzgebieten des Deisters künftig nicht mehr zugelassen werden.
Rückbau und Sperrung der Strecken
Um eine weitere Nutzung ab dem Jahreswechsel zu verhindern, wird die Beschilderung an den Trails entfernt. Die Einstiege der Strecken sollen zudem deutlich sichtbar gesperrt werden. Die Überwachung obliegt den Niedersächsischen Landesforsten, da sich die Trails im Landeswald befinden.
Perspektive: Naturverträgliches Singletrail-Netz
Trotz des Wegfalls der Downhilltrails soll Mountainbiken im Deister weiterhin möglich bleiben. Geplant ist der Aufbau eines naturverträglichen Singletrail-Netzes entlang bestehender Wege. Erste Flächen der Niedersächsischen Landesforsten stehen hierfür zur Verfügung. Weitere Eigentümer zeigen sich derzeit noch zurückhaltend, unter anderem aufgrund negativer Erfahrungen. Die Region setzt darauf, dass sich dies ändert, wenn erste Streckenabschnitte erfolgreich umgesetzt sind.
Stimmen aus der Region
Jens Palandt, Umweltdezernent der Region Hannover, bedauert, dass es vorübergehend kein legales Angebot abseits der Forstwege geben wird. Ein von den Sportbünden moderierter Lösungsprozess sei angestoßen worden, aus dem sich die Deisterfreunde jedoch zurückgezogen hätten. Ziel sei es nun, gemeinsam mit verlässlichen Partnern schnell ein neues Angebot zu schaffen. Auch Ulf Meldau, Vorsitzender des Regionssportbundes, betont die Bedeutung des Dialogs und zeigt sich zuversichtlich, dass Mountainbiking auch künftig einen Platz in der Region haben wird.
Weitere Maßnahmen für ein gutes Miteinander
Neben der Neuausrichtung des Mountainbike-Angebots arbeitet die Region Hannover im Rahmen des „Aktionsprogramms Deister“ und des „Großen Runden Tisches Deister“ an einer besseren Abstimmung zwischen allen Interessengruppen. Ein gemeinsam entwickelter Kodex befindet sich derzeit in der Abstimmung zahlreicher Kommunen, Vereine und Institutionen und soll im Frühjahr unterzeichnet werden. Zusätzlich wird an einem Besucherlenkungskonzept gearbeitet und geprüft, ob der Deister Teil eines Naturparks werden kann.


