Anzeige
Anzeige
Anzeige

Kaufland vernachlässigt Fürsorgepflicht sagt ver.di – Konzern widerspricht umgehend

Kaufland Logistik in Bantorf.

Barsinghausen. Der Lebensmittelkonzern Kaufland soll laut der Gewerkschaft ver.di seine Fürsorgepflicht für die Beschäftigten im Lager in Barsinghausen vernachlässigen. Insbesondere bei den Kommissionierern soll es eine wachsende Zahl von Krankschreibungen in Folge der schlechten Arbeitsbedingungen geben. Kaufland erwidert, dass die Gesundheit und das Wohl der Mitarbeiter für das Unternehmen an oberster Stelle stehe und man sich dafür einsetze, ein sicheres und unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen und zu erhalten.

„Sie müssen in ihren Wechselschichten auf Kommando zum Teil sehr schwere Waren per Hand heben, die dann in die verschiedenen Filialen gebracht werden“, kritisiert Mizgin Ciftci, der zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretär, die Arbeitsbedingungen im Lager von Kaufland in Barsinghausen, „Die Kollegen klagen in der Regel über Rücken-, Schulter-, Knöchel- oder Fußschmerzen – alles gesundheitliche Beeinträchtigungen, die durch die schwere Arbeit entstehen. Ohne die anstrengende Arbeit der Beschäftigten in der Kommissionierung hätten wir keine frischen Lebensmittel in unseren Supermärkten.“

Die Unternehmenskommunikation von Kaufland in Neckarsulm erwidert auf Nachfrage der Redaktion: „Um die körperliche Belastung im Arbeitsalltag zu reduzieren, investieren wir kontinuierlich in technische Hilfsmittel und optimieren so die Ergonomie der Arbeitsprozesse fortlaufend. Beispiele dafür sind Flurförderfahrzeuge mit Ergo-Hub, um regelmäßiges Bücken zu minimieren, oder die Kaufland Klapp-Palette.“ Darüber hinaus würden auch am Standort Barsinghausen Präventionsangebote sowie gesundheitsfördernden Maßnahmen angeboten und auch vergünstigte Konditionen für Fitnessstudios und Freizeitangebote zur Verfügung gestellt.  

Tauscht Kaufland Mitarbeiter gegen externe Kräfte? – Konzern sagt Nein

„Kaufland ist jetzt dazu übergegangen, Langzeiterkrankten die Kündigung auszusprechen“, wirft ver.di dem Unternehmen vor, „Die davon betroffenen, überwiegend in ver.di organisierten, Kollegen setzten sich gerichtlich dagegen zur Wehr. „In der Corona-Krise ist die Zahl der Beschäftigten wegen des Umsatz-Booms stark angestiegen. Diese Menschen benötigt Kaufland jetzt nicht mehr. Sie versuchen deshalb mit allen Mitteln, die Zahl ihrer Beschäftigten nach unten zu drücken, damit sie dann die Kollegen durch externe Mitarbeiter mit Werkverträgen ersetzen können“, sagt Ciftci. Dies sei bereits in der Abteilung „Frische“ und „Tiefkühl“ geschehen. „Kaufland tausche faire Arbeit durch schlechte Arbeitsbedingungen aus. Bei den Werkvertragsfirmen gebe es keine tarifliche Bezahlung und auch keine Betriebsräte“, so der ver.di Sprecher weiter.

Dazu sagt der Sprecher von Kaufland: „Ein gutes Betriebsklima ist die Basis unseres Erfolgs und wir streben danach, bei Unstimmigkeiten das persönliche Gespräch zu suchen und einvernehmlich Lösungen zu finden. Auch Betriebsrat und Gewerkschaften sind selbstverständlich eingebunden.“ Seit September 2024, erklärt der Sprecher, habe Kaufland am Standort Barsinghausen die Bereiche Kühl- und Tiefkühlware in mehreren Phasen an Werkunternehmen ausgelagert. Im Rahmen der Umstellung soll das betroffene Personal, rund 100 Mitarbeiter, nun in vergleichbarer Tätigkeit in anderen Bereichen eingesetzt werden und diese am Standort weiter beschäftigt werden. „In diesem Zusammenhang gab es keine Kündigungen. Im Gegenteil: Der Großteil der betroffenen Mitarbeiter hat die Versetzung und die damit positive Veränderung ihres Arbeitsumfeldes positiv aufgenommen.“

Bei ver.di sieht man dies jedoch anders: „Bereits Anfang des Jahres hatte Kaufland einer Reihe von Kollegen die Kündigung ausgesprochen. Die Begründung damals war: Low-Performance, also der Vorwurf, die Kollegen würden nicht genügend arbeiten. Auch in diesen Fällen ließen sich die in ver.di organisierten Betroffenen anwaltlich vertreten. Zwölf Kündigungen mussten zurückgenommen werden.“ „Jetzt versucht Kaufland es offenbar über den Weg, gegen Langzeiterkrankte vorzugehen, um Kosten zu sparen“, sagt Ciftci.

Ver.di beklagt Verunsicherung der Mitarbeiter – Kaufland sagt „Kündigung ist letztes Mittel“

Das aktuelle Verhalten des Arbeitgebers sorge für große Verunsicherung und Angst bei den Kommissionierern. „Viele Lagerarbeiter sind mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft entweder aus Osteuropa oder aus Krisenländern zu Kaufland gekommen. Heute spüren sie, dass ihre Rechte genauso mit Füßen getreten werden wie in vielen ihrer Herkunftsländer“, berichtet Ciftci.

„Kündigungen sind grundsätzlich das letzte Mittel und finden erst Anwendung, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind“, so der Unternehmenssprecher von Kaufland, „Sollte es in Einzelfällen zu Kündigungen kommen, finden diese selbstverständlich innerhalb des strengen rechtlichen Rahmens statt. Das bedeutet auch, dass der örtliche Betriebsrat eingebunden und gehört wird.“

Kaufland handele bei längerfristig erkranken Mitarbeitern streng nach den gesetzlichen Bestimmungen. Diese sehen bei einer längerfristigen Erkrankung den Prozess des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) vor. Ziel des BEM ist es, so das Unternehmen weiter, gemeinsam mit den Betroffenen Wege zu finden, wie der Wiedereinstieg gesundheitsgerecht gestaltet und die langfristige Gesundheit am Arbeitsplatz erhalten werden kann. „Dabei ist uns bewusst, dass bestimmte Tätigkeiten mit körperlicher Belastung einhergehen. Deshalb suchen wir im Einzelfall nach individuellen Lösungen und bieten, wenn möglich, auch alternative oder temporäre Tätigkeiten zur Entlastung und Genesungsförderung an.“

Sollte es dennoch Sorgen und Nöte seitens einzelner Mitarbeiter geben, haben alle Mitarbeiter jederzeit die Möglichkeit, sich an eine Vertrauensperson zu wenden, die ihnen bei Anliegen rund um die Zusammenarbeit im Team oder bei Fragen zu Personalthemen beratend zur Seite steht, informiert der Konzern weiter. In Konfliktsituationen agiere diese Vertrauensperson als neutraler Vermittler.

„Außerdem gibt es die Möglichkeit, Missstände anonym über ein Beschwerdeprotokoll zu melden. Zum Standort Barsinghausen, an dem wir mehr als 700 Mitarbeiter beschäftigen, liegen uns diesbezüglich keine Beschwerden vor“, so Kaufland abschließend.

Anzeige