Barsinghausen. Am Donnerstagabend fand die Sitzung des Barsinghäuser Rates statt. Dabei wurde u.a. über den umfangreichen Grundsatzbeschluss zur städtebaulichen Entwicklung der Barsinghäuser Innenstadt – insbesondere zu den Standorten Volkers Hof, Weidengrundstück, Glockenstraße und Marktstraße 18 (Fachwerkhaus am Thie) – abgestimmt. Erneut sorgte das Fachwerkhaus für lange Diskussionen – die Ratsentscheidung zur geplanten Entwicklung steht nun fest. Auf der Prioritätenliste der Baumaßnahmen ist es aktuell weit unten.
Mit dem Grundsatzbeschluss soll die zukünftige Entwicklung der Innenstadt auf eine breite, strategische Basis gestellt werden.
Die Stadtverwaltung plant nach Vorlage eine Sanierung ohne den Ausbau des Dachgeschosses, um die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Auf eine neue Dacheindeckung soll daher verzichtet werden. Im Erdgeschoss sollen multifunktionale Räume entstehen – vorgesehen sind das Tourismusbüro als Ankermieter sowie Flächen für Vereine, Beratungsstellen und kleinere lokale Ausstellungen. Zudem ist der Einbau einer barrierefreien öffentlichen Toilette vorgesehen. Ziel ist die Wiederbelebung des Gebäudes als Ort der Begegnung und des städtischen Lebens. Die Kostenschätzung liegt derzeit bei rund 1,69 Millionen Euro, wobei Fördermittel in Höhe von bis zu 800.000 Euro in Abhängigkeit von der Nutzung eingeplant sind. Im Oktober 2022 stimmte der Rat mit einer knappen Mehrheit von SPD und Grünen für den Kauf des Fachwerkhauses. Der reine Kaufbetrag lag bei etwa 250.000 Euro.
Neben dem Fachwerkhaus gibt es noch folgende Punkte im Gesamtkonzept:
Das Weidengrundstück am Volkers Hof soll als Grünfläche erhalten und mit gesteigerter Aufenthaltsqualität gestaltet werden. Hieraus soll eine grüne Oase entstehen, die dem Stadtklima zuträglich ist und zum Verweilen einlädt sowie umfangreiche Spielmöglichkeiten anbietet. Die ehemalige Synagoge wird dabei als Ort des Gedenkens besonders gewürdigt. Das Konzept des „Radhauses“ wird nicht weiterverfolgt.
Das Grundstück an der Glockenstraße soll als Grünfläche erhalten und gemäß dem Konzept des Seniorenbeirates unter Erhalt und Beachtung des Baumbestandes thematisch ausgestattet werden.
Alle städtischen Stellplätze auf dem Parkplatz Volkers Hof sollen dauerhaft erhalten bleiben. Auf einen Ankauf der im Privateigentum stehenden Flächen zu Bebauungszwecken (z.B. Lebensmittelmarkt etc.) wird verzichtet.
Der Sperrvermerk für den Haushaltsantrag "Grüne Achse" wird aufgehoben. Hiermit soll eine Variantenuntersuchung (Leistungsphase 2) inkl. Öffentlichkeitsbeteiligung zur Aufwertung der Begrünung, Verbesserung des Stadtklimas sowie zur Steigerung der städtischen Klima Resilienz gemäß Antrag erarbeitet werden. Die Flächen der Fußgängerzone von der Markstraße 18 bis zum Parkplatz Volkers Hof sind hierbei zu berücksichtigen.
Für das städtische Wiesengrundstück am Parkplatz Volkers Hof ist ein Realisierungswettbewerb durchzuführen. Hieraus soll eine vertretbare städtebauliche Weiterentwicklung der Innenstadt ermöglicht und die noch offenen Raumkanten geschlossen werden. Dabei sollen die Nutzungsoptionen möglichst nicht eingeschränkt werden.
Die Stadtsparkasse Barsinghausen als Eigentümerin des Grundstücksareals „Deisterstraße1a bis Marktstraße 4“ ist bereit, dieses in die städtebauliche Entwicklung und Harmonisierung des positiven und attraktiven Erscheinungsbildes der Fußgängerzone einzubringen. Da die Stadtsparkasse nur ein Teilareal für den Sparkassenbetrieb benötigt, soll die Verwaltung in einem ersten städtebaulichen Konzept Möglichkeiten zur Nutzung durch die Stadtsparkasse ergänzt um z.B. Citymarkt, Dienstleistung, Gastronomie, Handel unter Bürger- und Eigentümerbeteiligung darstellen und über die Definition geordneter baulicher Strukturen und Raumkanten Szenarien zur Optimierung des Eingangsbereiches in die Fußgängerzone gestalten.
Wie bereits in den vorherigen Ausschüssen gingen die Meinungen der Fraktionen SPD, CDU, FDP, AFB-WG und Grünen beim Fachwerkhaus deutlich auseinander. Bei den anderen Punkten war man sich grundsätzlich einig.
Erneut lange Diskussion zum Fachwerkhaus am Thie
Für die CDU war erneut die Ansiedlung von Gastronomie wichtig für die Belebung der Innenstadt. SPD und Grüne sahen jedoch aufgrund des jahrelangen Leerstands, in dem sich kein Interessent fand, darin keine realistische Lösung. Eine Sanierung sei für gastronomische Betriebe zu kostspielig. Würde die Stadtverwaltung das Gebäude sanieren und anschließend marktüblich verpachten, seien die Kosten ebenfalls zu hoch für eine wirtschaftliche Nutzung für Gastronomie.
SPD und Grüne zeigten sich vom Konzept überzeugt, das vom Architekturbüro Remke im Auftrag der Stadtverwaltung erarbeitet wurde. Ein Treffpunkt am zentralen Platz, in einem Haus, das Zeitzeuge des alten Barsinghausens sei, könne eine Chance darstellen. Kerstin Beckmann (AfB-WG) glaubte jedoch nicht, dass ein nach derzeitigem Planungsstand nur 60 m² großer Raum im Erdgeschoss des Hauses für Vereinstreffen geeignet sei. Kerstin Wölki (FDP) sah es angesichts der Kosten kritisch, dass für knapp zwei Millionen Euro das Erdgeschoss saniert werden soll und ein Neubau gar nicht diskutiert wurde. Sabine Freitag (Grüne) erinnerte daran, dass laut Vorlage nach dem Beschluss jeder Punkt noch im Detail ausgearbeitet werden müsse. Peter Messing (SPD) sagte, auch die Frage einer möglichen öffentlichen Toilette sei Bestandteil der weiteren Planungen. Das aktuelle Nutzungskonzept sei nicht in Stein gemeißelt.
Die CDU stellte einen Antrag auf Durchführung einer Bürgerbefragung. Dieser wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Laut den Grünen habe bereits 2021 eine Bürgerbefragung stattgefunden, bei der zahlreiche Ideen zusammengetragen worden seien. Nun erneut eine Befragung zu fordern, sei reine Verzögerungstaktik.
Abstimmung
Ein CDU-Antrag auf Einzelabstimmung der sieben Innenstadtmaßnahmen wurde abgelehnt. Daraufhin erklärte die CDU, das Maßnahmenpaket insgesamt abzulehnen, obwohl sie bis auf den Punkt zum Fachwerkhaus allen anderen Maßnahmen zugestimmt hätte.
Nach weit mehr als einer Stunde Diskussion kam es zur Abstimmung: CDU, FDP, AfB-WG und AfD stimmten mit insgesamt 15 Stimmen gegen das Gesamtkonzept. SPD und Grüne beschlossen mit ihrer Ratsmehrheit von 19 Stimmen den Grundsatzbeschluss zur städtebaulichen Entwicklung der Barsinghäuser Innenstadt.
Wie geht es mit dem Fachwerkhaus am Thie weiter?
Wichtig ist, dass die Umsetzung von der Bewilligung der Fördermittel abhängt. Diese müssen zunächst beantragt werden. Sollten die Mittel nicht oder nur teilweise bewilligt werden, muss der Rat erneut über das weitere Vorgehen entscheiden.
In der Diskussion wurde zudem bekannt, dass die Verwaltung die Ratsmitglieder über die finanzielle Lage der Stadt informierte. Demnach schiebt Barsinghausen bis 2036 Investitionen in Höhe von rund 650 Millionen Euro vor sich her. Auf der Prioritätenliste der Baumaßnahmen steht die Sanierung des Fachwerkhauses derzeit auf Stufe 4 und damit weit hinten. Zwar kann die Politik die Priorität anheben, doch wann und in welcher Form tatsächlich etwas am Fachwerkhaus passieren wird, bleibt vorerst offen.


