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Verwaltung legt für Ratssitzungen den „Sicherheitsgurt“ an

Archivbild.

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Barsinghausen. Aufgrund eines formalen Fehlers in der Einladung zur Ratssitzung am 15. Dezember, musste die Verwaltung diese absagen. Infolgedessen müssen nun über 100 Beschlüsse neu abgestimmt werden. Die Verwaltung wurde aufgrund einer Beschwerde einer Bürgerin bei der Kommunalaufsicht durch diese auf den Formfehler aufmerksam gemacht und legt nun den „Sicherheitsgurt“ an, um alle Beschlüsse rechtssicher zu bestätigen. Auch ein neuer Stadtrat und ein Sozialdezernent sollen am 26. Januar gewählt werden.

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Unter Corona wurde den Kommunen die Ausrichtung von Sitzungen vereinfacht, indem durch den Paragraphen 182 NKomVG Hybridsitzungen und Videostreams ermöglicht wurden. So sollten Sitzungen coronagerecht abgehalten werden können und auch Bürger die Sitzungen mitverfolgen können. Auch die Möglichkeit Beschlüsse im Umlaufverfahren zu beschließen, wurde durch den Paragraphen 182 begünstigt. Nach der Aufhebung nahezu aller Hygienebedingungen hat der Paragraph 182 nun keine Grundlage mehr und Sitzungen wurden wieder unter den Voraussetzungen des strengeren Paragraphen 64 durchgeführt.

Im Dezember hat die Stadtverwaltung zu der Ratssitzung in Hybridform eingeladen und wollte Bürgern den Zugangslink zuschicken, wenn diese sich bis zu einer bestimmten Uhrzeit meldeten. In der Beschwerde der Bürgerin Daniela Dau, die auch Vereinsvorsitzende der Wählergemeinschaft Aktiv Für Barsinghausen ist, wurde kritisiert, dass dies im Umkehrschluss einer Ausladung gleichkomme, wenn Bürger nicht rechtzeitig den Link anforderten. Die Beschwerde ging direkt an die Kommunalaufsicht. Die Verwaltung räumte nun in einer Pressekonferenz diesen Formfehler erneut ein, zeigte sich über die sehr spitzfindige Auslegung der Wortwahl aber unglücklich. „Die Verwaltung haben keinerlei weitere Beschwerden dazu erreicht und in der Praxis wurden auch Linkanfragen nach der Einladungszeit vergeben“, so Bürgermeister Henning Schünhof, „Hypothetisch hätte sich jemand ausgeschlossen fühlen können, in der Praxis war dies wohl nicht der Fall.“ Der Bürgermeister betont, dass alle Beschlüsse rechtskräftig seien und die Rechtsauffassung der Verwaltung auch vom Städtetag bestätigt wurde und gut mit der Kommunalaufsicht zusammengearbeitet wurde. Da aber nicht abzusehen sei, ob nicht in Zukunft ein Gericht entscheiden könnte, ob der Paragraph 182 doch nicht in Gänze rechtens war, solle nun der Sicherheitsgurt angelegt werden. Bedeutet, dass alle Beschlüsse, die in Sitzungen unter dem „Corona-Paragraphen“ beschlossen wurden, nun noch einmal bestätigt werden sollen, damit sie nicht in einigen Jahren noch anfechtbar wären. „Das herbeireden eines Skandals ist da völlig haltlos, wurde leider von einigen Fraktionen sehr medienwirksam betrieben“, so der Bürgermeister, „Auch andere Kommunen haben dieses Problem, nur wurde dort nicht gleich eine so große öffentliche Diskussion geführt.“ Es handelt sich um diverse Sitzungen, deren Beschlüsse nun bestätigt werden sollen. Der Ablauf ist laut Verwaltung mit allen Fraktionsspitzen besprochen worden.

In der Ratssitzung am heutigen 19. Januar soll die Thematik noch einmal öffentlich erläutert werden und in der Ratssitzung am 26. Januar sollen dann die über 100 Beschlüsse bestätigt werden. „Wir appellieren an die Fraktionen, dass die demokratisch abgestimmten Beschlüsse dann auch bestätigt werden und nicht erneut Grundsatzdiskussionen geführt werden“, so der Bürgermeister. Genau das könnte aber passieren. Die CDU sagte jüngst in einer Stellungnahme, dass die aktuelle Finanzlage in einer neuen Abstimmung berücksichtigt werden müsse und auch Aktiv für Barsinghausen kritisierte noch einmal den Ankauf des Fachwerkhauses am Thie. Der Vertrag zum Kauf war aber aufgrund des Ratsbeschlusses bereits erfolgt. Der Bürgermeister stimmte gegen den Ankauf, die Mehrheit aus SPD und Grünen entschied sich für den Kauf. 

Bedauerlich für die Bürger wird sein, dass die Sitzungen in Zukunft wieder in reiner Präsenzform stattfinden. Eine Online-Lösung wird es auf unbestimmte Zeit nicht mehr geben. Hatten sich unter Corona noch alle Fraktionen positiv zu Hybridsitzungen und Livestreams geäußert, sieht die Verwaltung nun davon ab. „Wer Ratssitzungen kennt weiß, dass der Zuschauerraum, bis auf seltene Ausnahmen, oft leer ist. Online hatten wir immer mehrere Bürger als Zuschauer, die Hürde der Teilnahme war einfach geringer und es war auch möglich, per Email, oder im Chat, Fragen einzureichen“, bedauert der Bürgermeister. Leider sei die Rechtslage von Hybridsitzungen und Livestreams unter Paragraph 64 kritisch zu sehen und somit wären die Sitzungen dann auch wieder anfechtbar. „Der Paragraph 64 sieht eine Beteiligung der Öffentlichkeit dar, dass Bürger die Möglichkeit des Mitverfolgens haben, Zwischenrufe, Beifall und Mimik mitbekommen. Dies ist technisch nur sehr schwer umzusetzen.“

Sofern der Gesetzgeber hier keine Rahmenbedingungen schafft, um Kommunen die Umsetzung von Hybridsitzungen rechtlich sicher zu ermöglichen, werden die Sitzungen wieder offline und wahrscheinlich sehr oft wieder mit leerem Zuschauerraum stattfinden.

In der Sitzung am 26. Januar sollen dann auch ein neuer 1. Stadtrat und ein Sozialdezernent gewählt werden. Beide Bewerber hätten sich in einem offenen Verfahren als tauglich erwiesen. Für den Sozialdezernenten hat die Verwaltung einen externen Bewerber ausgewählt, für die Stelle des 1. Stadtrats hat sich ein interner Bewerber qualifiziert.

In Zukunft wird die Verwaltung noch genauer auf ihre Einladungen schauen und strenger auf Formalien achten, damit diese nicht mehr missverstanden werden könnten und Angriffspunkte bieten. Die jetzige Aufarbeitung und das Nachholen der Beschlüsse hat viele Arbeitsstunden in der Verwaltung gekostet, die der Bürgermeister gerne anderweitig genutzt hätte.

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