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Ronnenberger Juden: 200 Exponate für die Wanderausstellung

Eine Postkarte mit dem ältesten bekannten jüdischen Haus (Kirchtor 3) in Ronnenberg. Unten rechts hatte die Familie Cohen um 1905 ein Manufakturwarengeschäft.

Ronnenberg / Region.

Ein großer Reisekoffer aus Sperrholz, eine Schreibmaschine, zwei Likörgläser sowie eine Menge von schriftlichen Dokumenten und Fotos gehören zum historischen Erbe der Ronnenberger Jüdinnen und Juden. Peter Hertel und Christiane Buddenberg-Hertel haben es gesichert und nach Ronnenberg geholt. In Eigeninitiative sind sie im März nach Brasilien und im August in die USA geflogen. Dort haben sie zwei von den Nationalsozialisten vertriebene jüdische Ronnenberger und die Mitglieder von insgesamt vier jüdischen Familien aus Ronnenberg besucht.

Für die Wanderausstellung, die das Ehepaar im Jahre 2013 in Kooperation mit der Stadt Ronnenberg erarbeitet hat und in ihrem Buch „Die Juden von Ronnenberg“, das 2016 von der Region Hannover/Gedenkstätte Ahlem herausgebracht wurde, hatte es nur Kopien bzw. Scans verwenden können. Nun hat es etwa 200 Originale nach Ronnenberg geholt. „Wir hoffen, dass sie in der ehemaligen Ronnenberger Synagoge Platz finden können“, meinten die beiden zuversichtlich. Die Einrichtung dieser Räumlichkeit als Gedenkraum - in Ronnenberg wird sie „jüdischer Betsaal“ genannt - ist vom Rat der Stadt Ronnenberg beschlossen worden. Das Ehepaar besitzt auch zwei mehrstündige Video-Gespräche mit Heinz Seligmann (104) aus Rio und dem Ronnenberger Ehrenbürger Fritz Cohen (96) aus West-Lafayette in den USA.“ Peter Hertel und seine Frau könnten sie in kurzen Takes aufbereiten, da sie entsprechende Rundfunk- und Fernseherfahrung haben. Die Video-Stücke kann dann Besuchern des Gedenkraums, vor allem Schulklassen, zur Verfügung stünden.

Herausragende Exponate in einem Gedenkraum wären der Reisekoffer, mit dem Heinz Seligmann (ehemals Lange Reihe 11) 1937 als erster Ronnenberger Jude flüchtete sowie eine Schreibmaschine, die 1936 in Hannover gekauft wurde. Auf ihr hat die Holocaust-Überlebende Hilde Seligmann (ehemals Benther Str. 8) in den USA vergebens mehrere Briefe an das Weiße Haus geschrieben, um ein Einreisevisum für ihren Onkel Max Seligmann (ehemals Über den Beeken 11) zu beschaffen. Die Durchschrift des letzten Briefs (englisch) vom 9. Juli 1942 ist ebenfalls vorhanden. Vier Wochen später wurde Max Seligmann nach Auschwitz deportiert und vergast.

Zu den Originalen gehört das letzte Schriftstück, das Lina Cohen (ehemals Über den Beeken 15) vor ihrer Ermordung im KZ Theresienstadt verfasst hat.

Mit einem Gottesdienst in der Ronnenberger Synagoge und dann mit einer großen Feier in der Empelder Straße 2 wurde die Bar-Mizwa-Feier von Werner Seligmann begangen. Das hebräische Wort „Bar Mitzwa“ (in Ronnenberg „Barmizwoh“ ausgesprochen) bedeutet die religiöse Mündigkeit, die jüdische Jugendliche nach der Vollendung des 13. Lebensjahres erreichen. Bei der Feier wurde ein eigens verfasstes Tischlied gesungen. Auch eine Postkarte mit dem ältesten bekannten jüdischen Haus (Kirchtor 3) in Ronnenberg ist vorhanden. Unten rechts hatte die Familie Cohen um 1905 ein Manufakturwarengeschäft.

Einer der Vertriebenen, die in die USA entkamen, war Julius Seligmann (ehemals Lange Reihe 11). 1943 hat er in New York seine Fluchtgeschichte aus dem Brüsseler Exil über Frankreich, Spanien und Portugal auf 21 Schreibmaschinenseiten beschrieben. Weitere Dokumente, „vor allem aus der Familie Siegfried Seligmann“ (Velsterstraße 2) und „einige aus der Familie Cohen“, die er außerdem gern mitgebracht hätte, konnte Peter Hertel nicht mehr bekommen; denn „sie wurden bereits dem Holocaust-Museum Washington, dem weltweit größten Museum dieser Art, geschenkt“.