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Kirchdorfer Rehr: Viele Fragen sind nach dem ersten Prozesstag noch offen

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Barsinghausen/Hannover. Am Landgericht Hannover hat am Freitag, 24. Februar, der Prozess wegen des Unfalls in Barsinghausen auf der Straße "Kirchdorfer Rehr" begonnen, in dessen Verlauf und an deren Folgen zwei Kinder (2 und 6 Jahre) starben sowie weitere Personen teilweise schwer verletzt wurden. Die Staatsanwaltschaft hat die beiden Unfallverursacher wegen Mordes und Beihilfe zum Mord angeklagt, da beide nach Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft ein unerlaubtes Straßenrennen mit bis zu 180 km/h durchgeführt haben und es so zu dem Ereignis mit seinen Folgen gekommen sein soll. Nach dem ersten Prozesstag blieben viele Fragen offen, die hoffentlich in den nächsten Prozesstagen aufgeklärt werden können.

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Die Angeklagten sollen am Nachmittag des 25. Februar 2022 gegen 16.10 Uhr in Barsinghausen auf der Straße Kirchdorfer Rehr in Richtung Kirchdorfer Kreisel mit ihren hochmotorisierten Fahrzeugen, ein Audi A6 (Angeklagte E. P.) und ein Cupra Formentor (Angeklagter M. S.), ein Fahrzeugrennen veranstaltet haben und mit circa 180 km/h auf der einspurigen Strecke nebeneinander hergefahren sein. Im Verlauf dieses Rennens soll es zu einem schweren Verkehrsunfall mit entgegenkommenden Fahrzeugen gekommen sein, bei dem mehrere Personen schwer verletzt wurden. Eines der entgegenkommenden Fahrzeuge einer Familie wurde dabei auf einen neben der Fahrbahn liegenden Acker geschleudert. Die auf der Rückbank des Fahrzeugs sitzenden Kinder im Alter von zwei und sechs Jahren verstarben noch am Unfalltag. Am ersten Prozesstag erklärten beide Angeklagten, dass es sich nicht um ein Rennen, sondern nur um ein normales Überholmanöver gehalten habe. Beide wollten nur schnell zu ihren Familien nach Hause fahren. Richter Dr. Grote bemängelte bei den Einlassungen der Angeklagten, dass nur sehr wenige Details über den eigentlichen Unfallhergang geschildert wurden, womit viele Fragen bislang offenbleiben.

Das Autorennen begann laut Anklage bereits in der Innenstadt Barsinghausens. Die Staatsanwaltschaft rekonstruierte den Beginn bereits in der Osterstraße, von dort fuhren wohl beide Fahrzeuge über die Siegfried-Lehmann-Straße auf die Hannoversche Straße, dann auf die Röntgenstraße und dann auf die Straße Kirchdorfer Rehr. Gegen 16.20 Uhr fuhren sie über den Egestorfer Kreisel in Richtung Kirchdorfer Kreisel. Nach dem Passieren des Egestofer Kreisels überholte die Angeklagte E. P. den M. S.. Auch dieser erhöhte sodann die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs, so dass sich beide auf gleicher Höhe befanden. Jeder von beiden hätte sich jederzeit zurückfallen lassen können, führte die Staatsanwaltschaft schon in der Anklageschrift aus. Diese Wegbeschreibung passt nicht zu der Aussage von M.S., dass er auf dem Nachhauseweg war. Laut Anklage fuhren sie also erst vom Kirchdorfer Kreisel in Richtung Egestorfer Kreisel, der Unfall ereignete sich aber vom Egestorfer Kreisel in Richtung Kirchdorfer Kreisel. Warum fuhren sie zurück, wenn beide nur nach Hause wollten? Die Anklage betonte, beide Fahrer seien ortskundig.

Der Angeklagte M.S. hatte angegeben, dass er selbst Ersthelfer gewesen sei und der Mutter der beiden Kinder geholfen habe sowie die Kinder zu befreien versuchte. Auch hier möchte der Richter aufgrund von Zeugenaussagen Licht ins Dunkel bringen. Auf Nachfrage von Con-nect.de bei der Staatsanwaltschaft Hannover gab diese an, dass diese offenen Fragen im weiteren Prozess noch sehr genau beleuchtet werden sollen. Ohnehin war der Staatsanwaltschaft am ersten Prozesstag wichtig, dass über die Ereignisse nicht als tragischer Unfall gesprochen wird, wie die Verteidigung es tat. Dies sei es nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht gewesen und sie machte deutlich, dass beide Angeklagten nicht geeignet seien, um ein Fahrzeug zu führen. M.S. fuhr am 25. Februar 2022 seinen 310 PS starken Cupra Formentor. E.P. ihren über 200 PS starken Audi A6.

Generell wird das Verhalten nach dem Unfall noch wichtig werden. Am ersten Prozesstag gab ein Polizist an, dass M.S. zwar nachfragte, wer seine beschädigte Felge bezahle, sich aber ansonsten wenig über die vielen Verletzten erkundigte. Dies kenne der Polizist bei Unfallaufnahmen sonst anders. Da würden sich Unfallbeteiligte häufig und genau nach den Verletzungen der anderen Teilnehmer erkundigen. Aufgrund der Erkenntnisse vor Ort, wurde M.S. noch am Unfallort von dem Polizisten fahrlässige Tötung vorgeworfen. M.S. blieb bei dem Unfall unverletzt. E.P. kam selbst schwer verletzt in ein Krankenhaus, doch auch ihr Verhalten und die Umstände dabei, werfen bei der Staatsanwaltschaft Fragen auf. So soll die Angeklagte bereits im Juli 2022 ein neues Auto gekauft haben. Wieder soll es ein PS starkes Modell geworden sein. Undursichtig bleibt hier, woher stammen die etwa 33.000 Euro für den Kaufpreis und warum schickte E.P. eine andere Person, um das Auto beim Händler zu kaufen? Die Staatsanwaltschaft gab am ersten Prozesstag auch an, dass bereits vorher gegen E.P. ermittelt wurde, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. E.P. setzte sich anschließend nach Polen ab, wo sie im September 2022 verhaftet wurde.  

Richter Grote gab zum Ende des ersten Prozesstages an, dass viele offene Fragen an den folgenden Prozesstagen geklärt werden sollen. Die Angeklagten wollten dann auch Fragen beantworten. Der Richter wird dann wissen wollen, wie hoch war die Geschwindigkeit der Angeklagten auf der Strecke (70km/h erlaubt) und wie lange fuhren sie wirklich nebeneinander her. Auch ob M.S. wirklich als Ersthelfer tätig wurde soll geklärt werden, genauso wie der undurchsichtige Autokauf von E.P.. Ein Unfallgutachter wird mehr über den Unfallhergang erklären und auch die Bilder einer Dashcam sollen gesichtet werden.

Con-nect.de wird die weiteren Prozesstage begleiten. Bereits am morgigen 2. März und am Freitag, 3. März geht es vor dem Landgericht weiter.

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