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Keine schnellen Lösungen in Sicht: Amtsgericht Wennigsen kämpft mit Überstunden und Personalmangel

v.l.: Landtagsabgeordnete Claudia Schüßler (SPD), Henning Schünhof, Bürgermeister der Stadt Barsinghausen und Ingo Klokemann, Bürgermeister der Gemeinde Wennigsen, besuchten das Amtsgericht Wennigsen und trafen dort Direktor Joachim Lotz.

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Wennigsen/Region. Das Amtsgericht Wennigsen ist zuständig für die Städte Barsinghausen, Gehrden und Ronnenberg sowie für die Gemeinde Wennigsen. Fast 50 Mitarbeiter bearbeiten Verfahren verschiedenster Art – von der Adoption bis zur Zwangsversteigerung. Doch gerade bei den Bearbeitungszeiten im Grundbuchamt kommt es zu langen Verzögerungen. Der Unmut der Bürger hat nun zu einem Besuch aus der Politik im Amtsgericht geführt. Dort gab es Erklärungen zur aktuellen Situation – ein Problem, das landesweit besteht.

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Die Landtagsabgeordnete Claudia Schüßler (SPD), Ingo Klokemann, Bürgermeister der Gemeinde Wennigsen und Henning Schünhof, Bürgermeister der Stadt Barsinghausen, besuchten am Mittwoch das Amtsgericht in Wennigsen. Vor Ort sprachen sie mit Joachim Lotz, Direktor des Amtsgerichts, der Geschäftsleiterin Katharina Schneider sowie Sonja Fahlbusch vom Landgericht Hannover.

Die Politik habe mehrere Beschwerden von Bürgern erhalten, die auf die Problematik im Grundbuchamt hinwiesen, erklärte Schüßler. In Wennigsen sei mit dem neuen Baugebiet Im Bergfelde eine besondere Herausforderung entstanden, da die Verfahren für die Bauherren dort nur langsam vorankämen, so Bürgermeister Klokemann. In Barsinghausen habe man zuletzt auf Nachverdichtung im Stadtgebiet gesetzt, weshalb es aktuell keine großen Neubaugebiete gebe, erklärte Bürgermeister Schünhof. „Dennoch war es heute ein interessanter Einblick in die Arbeitsweise des Amtsgerichts und in die Auswirkungen mancher Entwicklungen“, sagte Schünhof weiter.

70 Grundbucheinträge aus einem: Das Beispiel Im Bergfelde

Das Baugebiet Im Bergfelde hat laut Direktor Lotz z.B. dazu geführt, dass aus einem Grundbucheintrag nun 70 neue gemacht werden müssten – eine äußerst zeitaufwendige Arbeit. „Uns fehlen zwei Vollzeitstellen“, gab Lotz Einblick in die Lage des Amtsgerichts. „Wir laufen seit Monaten bei einer Auslastung von gut 125 Prozent und schieben ohnehin schon einen Rückstand vor uns her.“ Alle Puffer seien aufgebraucht und ohne zusätzliches Personal sei die Menge an Aufgaben nicht zeitnah zu bewältigen. „Wir sind fleißig dabei, alle Mitarbeitenden bauen Überstunden auf, doch aus eigener Kraft kommen wir da nicht raus“, so Lotz weiter, „Es muss sehr genau gearbeitet werden – unter anderem müssen Grundschulden und Miteigentümer geprüft und eingetragen werden. Das sind tagesfüllende Aufgaben.“

Landesweites Problem: Überlastung aller Amtsgerichte

Wichtig ist Lotz, dass die Überbelastung nicht nur ein Problem des Amtsgericht Wennigsen sei, sondern landesweit für Probleme sorge. Die Amtsgerichte würden Notfälle vorziehen und bevorzugt abarbeiten und sich auch untereinander austauschen. „Wir sind mit den Gerichten in Hameln, Springe, Neustadt und Burgwedel in Kontakt und können über den ‚kurzen Draht‘ untereinander aushelfen – doch kein Amtsgericht hat wirklich Kapazitäten frei“, so Geschäftsleiterin Katharina Schneider, die selbst gut 300 Überstunden aufgebaut hat. Ihre Mitarbeiter dürften grundsätzlich nur 20 Überstunden pro Monat haben, doch wann diese abgebummelt werden können, ist derzeit unklar.

Rechtspfleger fehlen – Ausbildung in Hildesheim stößt an Grenzen

Sonja Fahlbusch vom Landgericht Hannover erklärte zur Ausbildung der dringend benötigten Rechtspfleger: „Für Niedersachsen findet das dreijährige Studium ausschließlich in Hildesheim statt. Dort stehen für unser Gebiet 50 Plätze zur Verfügung, doch nicht alle bestehen die anspruchsvolle Prüfung – und nicht alle Absolventen entscheiden sich anschließend für eine Tätigkeit an einem Amtsgericht.“ Die Ausbildungsstätte in Hildesheim sei bereits an ihrer Kapazitätsgrenze und könne den Bedarf nicht decken. Zudem verteile das Oberlandesgericht Celle die Absolventen auf die offenen Stellen – und Bedarf bestehe überall.

Digitalisierung: Erleichterung in weiter Ferne

Auch wenn die Digitalisierung langfristig für eine Arbeitserleichterung sorgen wird, stecke das Amtsgericht Wennigsen derzeit in der Umbauphase. „Die Umstellung erfolgt noch und neue Arbeitsschritte müssen sich noch etablieren, was derzeit eher noch für Verzögerungen sorgt als für eine Beschleunigung“, ergänzt Lotz.

Es wird keine schnelle Lösung geben

Beim Besuch in Wennigsen wird deutlich: Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. „Positiv ist, dass das Problem auf vielen Ebenen erkannt wurde und wird“, fasst die Landtagsabgeordnete Schüßler zusammen. „Die Ausbildung muss optimiert werden, und es gilt zu klären, ob die Digitalisierung nicht durch externe Kräfte unterstützt und beschleunigt werden könnte.“ Schüßler will das Justizministerium weiterhin über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

„Wir brauchen Personal“, bringen Lotz und Schneider die Situation am Amtsgericht Wennigsen auf den Punkt. „Außerdem muss es mehr Spielraum für Beförderungen unserer engagierten Mitarbeitenden geben – sonst wandern sie uns ab.“ Lotz abschließend: „Zunächst sind wir froh, dass die Politik sich dem Problem annehmen will.“

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