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Kirchdorfer Rehr: Keiner gab nach – Wollten die Angeklagten wirklich nur schnell nach Hause?

Angeklagte E.P. kommt in den Gerichtssaal.

Barsinghausen/Hannover. Der dritte Prozesstag zum Unfall Kirchdorfer Rehr am morgigen Freitag könnte interessant werden. Neben weiteren Zeugen soll auch der tatsächliche Fahrtweg der beiden Angeklagten beleuchtet werden. Diese hatten am ersten Prozesstag angegeben, dass sie eigentlich nur nach Hause zu ihren Familien wollten. Diese Haltung könnte anhand der Wegstrecke unglaubwürdig erscheinen..

Am heutigen zweiten Prozesstag hatte am Nachmittag ein weiterer Zeuge seine Darstellung dem Gericht dargelegt. Er überquerte mit seinem Fahrzeug den Egestorfer Kreisel und fuhr dann auf den Kirchdorfer Rehr. Unmittelbar danach und noch vor dem Ortsausgangsschild, sei er von dem Cupra in hoher Geschwindigkeit überholt worden. Der Cupra scherte vor ihm wieder ein, zeitgleich sei er von dem Audi A6 überholt worden, welcher dann auf der Gegenfahrplan blieb. „Ich bin 65 km/h, vielleicht 70, gefahren“, erinnerte sich der Zeuge, „Für diese Strecke eigentlich schon zu schnell, da sie nicht übersichtlich ist.“ Der Cupra und der Audi fuhren weiter parallel nebeneinanderher und beschleunigt weiter, bis sie schnell hinter der Kuppe in der Rechtskurve aus seinem Blickfeld verschwunden seien. An Bremslichter konnte er sich nicht mehr erinnern. „Ich kann nur vermuten, dass der Cupra in letzter Sekunde gebremst hat, damit der Audi einscheren kann, jedoch hätten beide Fahrzeuge jederzeit abbremsen können“, so der Zeuge, der aufgrund des Unfalls auch zum Ersthelfer wurde. Er sei von Auto zu Auto gelaufen, um zu schauen, wo er helfen könne. Die Audi-Fahrerin habe weinend und blutverschmiert in ihrem Fahrzeug gesessen. Sie war selbst schwer verletzt. Er hörte Rufe, dass die Kinder noch im Auto seien. „Mit anderen Helfern haben wir versucht die deformierten Türen zu öffnen. Jemand schlug die Scheibe ein, wir holten eines der Kinder heraus und jemand versuchte es zu reanimieren“, beschreibt der Zeuge die unwirkliche Situation, „Dann kam auch schon ein Rettungswagen.“ Er habe bei dem gesamten Überholvorgang den Eindruck gehabt, dass der Cupra den Audi nicht vorbei lassen wollte und das der Audi auf jeden Fall überholen wollte.

Der letzte Zeuge des zweiten Prozesstages war der Ehemann der bereits gehörten Spaziergängerin. Sie waren in der Nähe des Egestorfer Kreisels, als der Unfall geschah. Er teilte ähnliche Eindrücke wie seine Frau mit. „Wir gehen dort oft Spazieren, die Geschwindigkeit der beiden dunklen Fahrzeuge war sofort auffällig“, beschrieb der letzte Zeuge die Situation um die lange nebeneinander fahrenden Fahrzeuge wieder, „Ich sagte noch zu meiner Frau, dass dies ja auch potent wirkende Fahrzeuge für so eine Aktion seien, da sah ich hinter der Kuppe schon den Audi auf das Feld schleudern.“ Auch er erinnerte sich an keine Bremslichter und wie die anderen ortskundigen Zeugen war auch er der Meinung: „So kann man auf dieser Strecke auf gar keinen Fall fahren. Normalerweise fahren die Menschen auf dieser unübersichtlichen Strecke vorsichtiger.“

Zum Ende des zweiten Prozesstages bemängelte der Verteidiger von M.S., dass die Zeugen seiner Meinung nach nicht verlässlich seien. Doch auch wenn die Verteidigung genau auf mögliche Unstimmigkeiten bei Details achtete, waren sich alle Zeugen bislang einig. Die Geschwindigkeit der beiden Angeklagten war über alle Maße überhöht, keiner wollte nachgeben und die Raserei ging bis über die unübersichtliche Kuppe der Kurve. Keiner konnte sich an Bremslichter erinnern, obwohl die Situation der rasenden Fahrzeuge sofort für ihre Aufmerksamkeit sorgte. Viel spricht derzeit daher für ein Rennen, dass belegen die Augenzeugen-Aussagen vom heutigen Donnerstag - und wenig für den Zufall und den schnellen Heimweg.

Die Unstimmigkeiten zu den Aussagen des Heimweges von M.S. und E.P. beleuchtete Con-nect.de bereits in einem früheren Beitrag. Auf Nachfrage nach dem zweiten Prozesstag erklärte Richter Grote, dass dieser Fahrtweg am morgigen dritten Prozesstag genauer angeschaut werden soll. Außerdem sollen weitere Zeugen und Ersthelfer gehört werden. Möglicherweise werden die beiden Angeklagten dann auch schon erste Fragen beantworten. Laut ihren Verteidigern seien sie dazu bereit. Die Eltern der beiden verstorbenen Kinder blieben den gesamten Prozesstag anwesend. Stellenweise musste der Vater seine Ehefrau im Arm halten, während die Augenzeugen ihre Eindrücke schilderten und selbst den Tränen nahe waren.