Region. Beim Thema Entgeltgleichheit hinkt Deutschland trotz des bereits seit Jahrzehnten europa- und verfassungsrechtlich verankerten Gebotes „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ zwischen den Geschlechtern immer noch hinterher. Grund genug für die Mitglieder der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz (GFMK) am Freitag, 16. Juni, eine Forderung nach weiteren Maßnahmen an den Bund zu bekräftigen, um die Verdienstlücke endlich zu schließen..
Bereits in dieser Legislatur müsse der Bundesgesetzgeber Regelungen wie das Entgelttransparenzgesetz weiterentwickeln und darüber hinaus transparenter und insbesondere intensiver öffentlich kommunizieren. Nur so lasse sich laut GFMK der Grundsatz nach Entgeltgleichheit in Deutschland besser als bislang durchsetzen.
Niedersachsens Gleichstellungs- und Frauenminister Andreas Philippi: „Wir brauchen einen Mix kluger Maßnahmen von Seiten des Gesetzgebers, selbstbewusste Frauen und verantwortungsbewusste Unternehmen, um endlich Fortschritte bei der Lohngleichheit zu erzielen. Da sind zum einen zuverlässige Daten als Ausgangsbasis unerlässlich. Jährlich sagen uns die Auswertungen der Statistikämter auf Bundes- und Landesebene, dass in Sachen Lohngerechtigkeit eher Stillstand statt Vorankommen angesagt ist. Zwar zeigen uns die Daten einen generellen Wasserstand an, doch die Basis innerhalb Deutschlands beziehungsweise unter den Bundesländern ist ein ziemlicher Flickenteppich. Das erschwert es sowohl den Frauen als auch den Betrieben Vergleiche vorzunehmen. Der Bund muss hier Abhilfe schaffen und durch eine bundesweit einheitliche Grundlage die Transparenz und die Effizienz erhöhen, damit politisch Verbesserungen angeschoben und natürlich Erfolge erreicht werden. Ein digitaler Lohnatlas auf Basis einer einheitlichen Datengrundlage, der regionale sowie branchen- und qualifikationsbezogene Unterschiede in Deutschland aufzeigt, wäre meiner Ansicht eine gute Maßnahme. Mir fällt immer wieder auf, dass viele Frauen und gerade kleinere Unternehmen ihre Möglichkeiten gar nicht kennen. Hier wäre ein vom Bund betriebenes interaktives Online-Wissensportal eine wichtige Unterstützung.“
Was vielen Frauen gerade zu Beginn ihrer Berufszeit nicht bewusst ist: In Folge des Verdienstunterschiedes – beispielsweise durch die Arbeit in Teilzeit aufgrund ihres überwiegenden Betrags in der familiären Sorgearbeit - im aktiven Arbeitsleben (Gender Pay Gap) erzielen sie nicht nur kleinere Einkommen, sondern auch geringere Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld und auch im Alter weniger Rentenleistungen, da sich diese in der Regel am (steuerklassebedingt oft zudem geringeren) Nettogehalt orientieren.
Andreas Philippi ruft vor diesen Hintergrund Frauen zur mehr Selbstbewusstsein auf: „Frauen in unserem Land können heute jeden Beruf ergreifen. Talent ist keine Frage des Geschlechts. Die Berufswahl meistens schon. Ich ermutige daher die Frauen sich bei der Wahl des Berufes an ihren Stärken zu orientieren und an die Zukunft zu denken. Leider haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie einen Rückschritt bewirkt. Viele Frauen, insbesondere Mütter, haben ihre Arbeit verloren oder mussten in Teilzeit arbeiten, um grundlegenden Care-Tätigkeiten nachzukommen. Dies führt oft dazu, dass Frauen in schlechter bezahlte Jobs gedrängt werden und ihre Karrierechancen eingeschränkt sind. Wer weniger verdient, kommt auch bei Vermögensaufbau und Vorsorge langsamer voran. Und: die Ungleichheit zeigt sich ganz unerbittlich bei den Rentenbezügen, schlimmstenfalls durch Altersarmut.
Ebenso appelliere ich an uns Männer, sich der Konsequenzen für die Frauen bewusst zu sein und sich mehr zu Hause einzubringen, so dass auch für Frauen gut bezahlte Arbeit und Familienzeit kein Widerspruch sein muss. Die Unternehmen in unserem Land rufe ich auf, althergebrachte Stereotype abzulegen und Frauen wie Männer gleichermaßen zu fördern und zu bezahlen.“
Hintergrund:
Die geschlechtsspezifische Entgeltlücke, der so genannte Gender Pay Gap, zwischen Frauen und Männern in Deutschland und Niedersachsen liegt bei 18 Prozent. Der aktuelle EU-Durchschnitt beträgt 13 Prozent. Die geschlechtsspezifische Rentenlücke in Deutschland, der sog. Gender Pension Gap, liegt in diesem Jahr 2023 bei rund 30 Prozent.