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Gelbes Heft vom Heimatbund: Stadtschänke in der Hornstraße

30 Jahre in der Küche und an der Theke: Lisa und Willi Winkelmann

Gehrden.

Seit vielen Jahren sammelt Rainer Piesch historischen Ansichtskarten mit Motiven aus Gehrden. Diese Sammlung von Bilddokumenten ist zugleich ein Fundus für die „Gelben Hefte“ für die Heimatbundgruppe Gehrden. Jetzt hat Rainer Piesch als Autor ein neues Gelbes Heft veröffentlicht, in dem er sich einem weiteren Kapitel über die Gehrdener Gaststätten widmet. Im neuen Heft Nummer 44 geht es um die Geschichte der Gaststätte „Stadtschänke in der Hornstraße“.

Zuerst hieß das beliebte Lokal „Gasthof zum Goldenen Horn“, später Stadtschänke Willi Winkelmann. Mit der „Stadtschänke“ an der Hornstraße, die Mitte Dezember 1979 für immer ihre Pforten schloss und im darauf folgenden Frühjahr abgebrochen wurde, ging wieder ein Stück Alt-Gehrdener Geschichte verloren. „Wieder war Gehrden um ein traditionsreiches Haus ärmer geworden“, so Rainer Piesch.

Etwa 100 Jahre alt war das Gebäude, das schon bald nach seiner Erbauung unter dem Namen „Zum goldenen Horn“ zu den damals führenden Gasthäusern der Stadt gehörte. Die erste Erwähnung ist im Jahr 1896 zu finden, als sich im Lokal „Zum goldenen Horn“ von Georg Grethe am 20. Juli 1896 turnfreudige Leute in der Hornstraße zusammenfanden und den „Männerturnverein Gehrden“ gründeten. Die Straße hieß damals übrigens noch nicht „Hornstraße“, sondern schlicht und ergreifend „Horn“. Dies erklärt auch den entsprechenden Namen der Lokalität „Zum goldenen Horn“.

Der letzte Besitzer war das Ehepaar Willi und Lisa Winkelmann. Sie hatten seit nahezu 30 Jahren das Lokal geführt, das mit einem großen Gästestamm von seriösen Stammtischrunden ebenso besucht wurden, wie von Gästen, die auf die Schnelle hereinschauten, um am „schönsten Platz an der Theke“ ein gepflegtes Bier zu trinken. 1963 wurde durch einen grundlegenden Umbau im Inneren ein großer Gastraum geschaffen, der gemütlich ausgestattet einem immer größer werdenden Gästekreis Platz bot. Wie wohl man sich hier gefühlt hatte, wurde noch einmal deutlich, als im Dezember 1979 das letzte Fass zum Abschiedsumtrunk angestochen wurde und man etwas wehmütig viele lustige Begebenheiten Revue passieren ließ.

Rainer Piesch erfuhr im Gespräch mit Ruth Plautz, geb. Winkelmann, aus Burgdorf, dass ihre Eltern Elisabeth, genannt Lisa, und Willi Winkelmann als Pächter um Mitternacht zu Neujahr 1951 die Stadtschänke vom Vorgänger Karl Schwarze übernahmen. Beide Elternteile sind im Jahr 1919 geboren worden. Sie kamen beide aus Burgdorf, waren als Nachbarskinder aufgewachsen und kannten sich beide mit den Handwerksberufen aus. Willi Winkelmann erlernte von 1933 bis 1936 in Hannover das Bäcker- und Konditoren-Handwerk. Nach dem Krieg legte er 1948 die Meisterprüfung ab. 1949 heiratete er Lisa, die Tochter des damaligen Bäcker-Obermeisters Schumacher in Burgdorf. Am 1. Januar 1951 übernahmen sie die Stadtschänke in Gehrden. Die näheren Umstände waren etwas abenteuerlich. So wurde aus dem großen Saal der Gastwirtschaft der Wohnbereich für die Familie erstellt. Die hohen Räume des ehemaligen Saals waren kaum zu heizen, so dass die Familie sich im Winter dort nur mit Handschuhen und im Bett mit Socken aufhalten konnte. Eisblumen verzierten großflächig die Fenster und nur in einem Zimmer stand ein Kohle-, später erst ein Ölofen, was dazu führte, dass sich alle Personen in diesem Raum aufhielten. In der Stube befanden sich große Vertiefungen im Fußboden, die noch vom Männerturnverein herrührten. Der Verein hatte bis zu seinem Verbot 1933 dort Pfosten für die Reckstangen eingelassen. So erinnert sich Ruth Plautz an die ersten Jahre.

Die Gaststätte lag direkt gegenüber des heutigen großen Parkplatzes an der Hornstraße. Die Spezialität aus der Küche von Gastwirtsehepaar Winkelmann waren „Halbe Hähnchen“. Die Mitarbeiter der Gehrdener Stadtverwaltung trafen sich regelmäßig einmal in der Woche zu einem Feierabendbier am Stammtisch. Das Gelbe Heft „Gehrdener Gaststätten – Die Stadtschänke in der Hornstraße“ umfasst 60 Seiten, ist reich bebildert und im Pressecenter Kusche am Steinweg für 4,50 Euro erhältlich.