Barsinghausen. Am Dienstagabend fand eine Sondersitzung des Bauausschusses sowie des Planungs- und Umweltausschusses statt, um über den umfangreichen Grundsatzbeschluss zur städtebaulichen Entwicklung der Barsinghäuser Innenstadt – insbesondere zu den Standorten Volkers Hof, Weidengrundstück, Glockenstraße und Marktstraße 18 (Fachwerkhaus am Thie) – zu beraten. Nach drei Stunden intensiver Diskussion stand eine Empfehlung fest, die in die nächste Ratssitzung am 13. November eingebracht wird..
Mit dem Grundsatzbeschluss soll die zukünftige Entwicklung der Innenstadt auf eine breite, strategische Basis gestellt werden. „Neben Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungen sowie medizinischer Versorgung braucht es attraktive Kultur- und Freizeitangebote. Grünstrukturen, die zum Aufenthalt anregen und vor Überhitzung schützen, sind notwendige Maßnahmen der Klimaanpassung“, erklärte Stadtbaurat Tobias Fischer zur Zielsetzung der Verwaltung.
Fachwerkhaus am Thie sorgt für Diskussionen
Besonders der Punkt zur Nutzung des Fachwerkhauses Marktstraße 18 löste erneut eine lebhafte Debatte aus, nachdem das Architekturbüro Remke sein Nutzungskonzept vorgestellt hatte. Wie bereits zuvor berichtet, gingen die Meinungen der Fraktionen SPD, CDU, FDP, AFB-WG und Grünen deutlich auseinander.
Die Stadtverwaltung plant eine Sanierung ohne den Ausbau des Dachgeschosses, um die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Auf eine neue Dacheindeckung soll daher verzichtet werden. Im Erdgeschoss sollen multifunktionale Räume entstehen – vorgesehen sind das Tourismusbüro als Ankermieter sowie Flächen für Vereine, Beratungsstellen und kleinere lokale Ausstellungen. Zudem ist der Einbau einer barrierefreien öffentlichen Toilette (Kosten aktuell geschätzt auf 96.000 Euro) vorgesehen, deren Folgekosten allerdings noch zu prüfen sind. Das Gebäudewirtschaftsamt geht aktuell von notwenigen laufenden Instandsetzungsmaßnahmen von 30.000 Euro pro Jahr durch Vandalismus für eine solche Einrichtung aus. Des Weiteren würden ca. 11.500 Euro jährlich für die zweimalige tägliche Reinigung der Toilette anfallen. Ziel ist die Wiederbelebung des Gebäudes als Ort der Begegnung und des städtischen Lebens. Die Kostenschätzung liegt derzeit bei rund 1,69 Millionen Euro, wobei Fördermittel in Abhängigkeit von der Nutzung eingeplant sind. Im Oktober 2022 stimmte der Rat mit einer knappen Mehrheit von SPD und Grünen für den Kauf des Fachwerkhauses. Der reine Kaufbetrag lag bei etwa 250.000 Euro.
Kerstin Wölki (FDP) lobte zwar das Gesamtkonzept, mahnte jedoch zu mehr Zeit für Details: „Die Bürger sind verunsichert, was die Nutzung des Fachwerkhauses angeht.“ Kerstin Beckmann, AFB-WG, zeigte sich noch nicht überzeugt vom Gesamtkonzept und kritisierte, dass Kinder und Jugendliche nicht erwähnt würden. „Es ist viel Wunschdenken enthalten, gerade in Bezug auf das Fachwerkhaus. Es fehlt den Grundschulen an Räumen, doch hier sollen 2 Millionen Euro ausgegeben werden.“ Vorgesehen ist, dass das Tourismusbüro der Stadt in das Fachwerkhaus umsiedelt. Auf Nachfrage von Beckmann zu den Besucherzahlen des Tourismusbüros erklärte die Verwaltung, dass rund 250 Personen im Monat kämen. In den letzten zwei Jahren seien es rund 5.000 gewesen. Für Beckmann stellten 250 Besucher im Monat noch keine Belebung des Thies durch das Tourismusbüros dar. „Das Tourismusbüro ist bereits in der Marktstraße. Eine Belebung der Innenstadt sollte das höchste Ziel dieses Antrages sein.“
Peter Messing (SPD) betonte, dass die Politik zwar nicht alles in der Hand habe, aber jetzt wichtige Weichen für die Zukunft gestellt werden könnten. Zur Idee einer Markthalle im Fachwerkhaus sagte Susanne Lorch (SPD): „Es ist eher unwahrscheinlich, dass sich mehrere Pächter finden, um einen Markthallen-Charakter zu schaffen. Wir haben uns intensiv damit befasst.“
Der CDU-Wunsch nach einem Gastronomiebetrieb sei laut Verwaltung schwierig umzusetzen, da mögliche Fördergelder von bis zu 800.000 Euro dann entfallen würden. Zudem sei fraglich, ob ein Gastronom die hohen Umbaukosten tragen könne. Max Matthiesen (CDU) hinterfragte den Nutzen von Shared-Desk-Arbeitsplätzen sowie die Eignung von Beratungsstellen in so zentraler Lage. Stadtbaurat Fischer hielt dagegen: „Mit genügend Zeit und Zusammenarbeit könnten praktikable Lösungen gefunden werden.“
Sabine Freitag (Grüne) lobte: „In letzter Zeit wurde sehr viel für die Stadt Barsinghausen auf den Weg gebracht. Der Innenstadtring wird saniert und es gibt neben der Perspektive Innenstadt noch viele weitere Sanierungskonzepte. Dieser Grundsatzbeschluss, der eine ‚Grüne Achse‘ durch die Stadt zieht, ergänzt die vorhandenen Projekte.“
Zum Abschluss der Diskussion erklärte Messing: „Wir können hier Klarheit schaffen, damit die Bürger wissen, was in der Stadt passiert. Es liegt nicht alles in unserer Hand, aber wir können Grundlagen schaffen, damit etwas passieren kann.“
Ergebnis: 7 zu 4 Stimmen für den Grundsatzbeschluss
Obwohl FDP und AFB-WG nur beratend teilnehmen konnten, beteiligten sie sich aktiv an der Diskussion. Stimmberechtigt waren die CDU (4 Sitze), SPD (5 Sitze) und Grünen (2 Sitze).
Ein umfangreicher Änderungsantrag der CDU sowie der Antrag auf eine Bürgerbeteiligung zum Fachwerkhaus wurden mit 4 zu 7 Stimmen abgelehnt. Der Änderungsantrag von SPD und Grünen, der redaktionelle Anpassungen vorsah, wurde mit 7 zu 4 Stimmen angenommen.
Der gesamte Grundsatzbeschluss zur Innenstadtentwicklung – inklusive der Standorte Volkers Hof, Weidengrundstück, Glockenstraße und Marktstraße 18 – wurde anschließend mit 7 zu 4 Stimmen beschlossen.
Die finale Entscheidung fällt der Rat der Stadt Barsinghausen am 13. November. Dann werden auch FDP und AFB-WG stimmberechtigt sein.
Neben dem Fachwerkhaus gibt es noch folgende Punkte im Gesamtkonzept:
Das Weidengrundstück soll als Grünfläche erhalten und mit gesteigerter Aufenthaltsqualität gestaltet werden. Hieraus soll eine grüne Oase entstehen, die dem Stadtklima zuträglich ist und zum Verweilen einlädt sowie umfangreiche Spielmöglichkeiten anbietet. Die ehemalige Synagoge wird dabei als Ort des Gedenkens besonders gewürdigt. Das Konzept des „Radhauses“ wird nicht weiterverfolgt.
Das Grundstück an der Glockenstraße soll als Grünfläche erhalten und gemäß dem Konzept des Seniorenbeirates unter Erhalt und Beachtung des Baumbestandes thematisch ausgestattet werden.
Alle städtischen Stellplätze auf dem Parkplatz Volkers Hof sollen dauerhaft erhalten bleiben. Auf einen Ankauf der im Privateigentum stehenden Flächen zu Bebauungszwecken (z.B. Lebensmittelmarkt etc.) wird verzichtet. (Hierzu wird es in Kürze einen eigenen Bericht geben).
Der Sperrvermerk für den Haushaltsantrag "Grüne Achse" wird aufgehoben. Hiermit soll eine Variantenuntersuchung (Leistungsphase 2) inkl. Öffentlichkeitsbeteiligung zur Aufwertung der Begrünung, Verbesserung des Stadtklimas sowie zur Steigerung der städtischen Klima Resilienz gemäß Antrag erarbeitet werden. Die Flächen der Fußgängerzone von der Markstraße 18 bis zum Parkplatz Volkers Hof sind hierbei zu berücksichtigen.
Für das städtische Wiesengrundstück am Parkplatz Volkers Hof ist ein Realisierungswettbewerb durchzuführen. Hieraus soll eine vertretbare städtebauliche Weiterentwicklung der Innenstadt ermöglicht und die noch offenen Raumkanten geschlossen werden. Dabei sollen die Nutzungsoptionen möglichst nicht eingeschränkt werden.
Die Stadtsparkasse Barsinghausen als Eigentümerin des Grundstücksareals „Deisterstraße1a bis Marktstraße 4“ ist bereit, dieses in die städtebauliche Entwicklung und Harmonisierung des positiven und attraktiven Erscheinungsbildes der Fußgängerzone einzubringen. Da die Stadtsparkasse nur ein Teilareal für den Sparkassenbetrieb benötigt, soll die Verwaltung in einem ersten städtebaulichen Konzept Möglichkeiten zur Nutzung durch die Stadtsparkasse ergänzt um z.B. Citymarkt, Dienstleistung, Gastronomie, Handel unter Bürger- und Eigentümerbeteiligung darstellen und über die Definition geordneter baulicher Strukturen und Raumkanten Szenarien zur Optimierung des Eingangsbereiches in die Fußgängerzone gestalten.

