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Getöteter 4-Jähriger – Angeklagte beschuldigen sich gegenseitig, sind aber noch verliebt

Archivbild.

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Hannover/Barsinghausen. Vor der Jugendkammer des Landgerichts Hannover hat sich die angeklagte Kindsmutter Malgorzata W. über ihren Anwalt eingelassen. Weite Teile der Kindesmisshandlungen räumt sie ein, jedoch sei Daniel G. schuld an dem Tod von Fabian – sie liebe Daniel aber immer noch. G. schreibt anscheinend noch Liebesbriefe und möchte W. heiraten.

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W.s Anwalt Matthias Waldraff verlas die 16-seitige Einlassung seiner Mandantin. Demnach kann W. die eigenen Taten im Nachhinein selbst kaum glauben und fühle sich wie ein Monster. Es tue ihr leid, was sie ihren beiden Kindern angetan habe. Ihr sei klar, dass sie nicht nur ihren verstorbenen Sohn verloren habe, sondern nun auch ihre Tochter. Sie räumte weite Teile der Anklage ein. So habe auch sie die Bestrafungen, das Einsperren in der Abstellkammer, Schläge mit Händen und Ladekabeln und das Knebeln von Fabian mit dem Wischlappen usw. getan. „Ich gebe zu, dass auch ich Fabian mit einem Hammer, wie er im Prozess gezeigt worden ist, auf den Kopf geschlagen habe“, heißt es in W.s Einlassung. Es sei drei Mal passiert, die Tochter sei nicht dabei gewesen. W. will auch nicht mit voller Wucht zugeschlagen haben, sondern nur kontrolliert, um sich bei ihrem Sohn Respekt zu verschaffen.

„Die Gefühle waren echt und tief.“

Sei sie anfangs noch gegen die Bestrafungen der Kinder durch Daniel G. gewesen, sei sie aufgrund der großen Gefühle zu ihm Stück für Stück in eine Spirale der Gewalt abgedriftet. „Was wir den Kindern, vor allem Fabian antaten, dabei egoistisch nur an uns dachten, nicht an die Kinder, Fabian voran, für alles das hasse ich mich heute“, so W. in der Einlassung weiter. Sie empfinde für den Mann (Daniel G.), der ihre Kinder quälte, über Monate schlug und laut Anklage für den Tod von Fabian verantwortlich ist, noch immer Liebe.

Laut W. schreibe G. ihr seit Wochen und Monaten und gestehe weiterhin seine Liebe und möchte W. heiraten. Die Angeklagte hasse sich hingegen für die Gefühle, die so echt und so tief waren, so wie sie es noch nie im Leben erfahren hat. Vor ihren Kindern schäme sie sich dafür, dass sie noch immer Gefühle für G. habe und sei deswegen auch in psychiatrischer Behandlung.

„Kein Hammer … keine Flasche … Dabei bleiben wir!“

Diese Liebe habe sie neben den Gewalttaten auch dazu gebracht, Polizei und Notärzte sowie den psychologischen Gutachter anzulügen und auch ihre Tochter (7) dazu zu bringen, bei der Polizei zu lügen. Daniel G. und sie hätten am 13. Januar, bevor sie den Notruf riefen, vereinbart, dass sie von einem Treppensturz berichten werden und keiner etwas über Schläge mit einem Hammer oder einer Flasche erwähnen wird. „Egal was kommt, wir ziehen das gemeinsam durch“, soll G. ihr an diesem Morgen mehrfach gesagt haben. Auch ihre Anwälte habe sie angelogen. Auf deren Rat hin und weil G. sein Wort in seiner Einlassung ihr gegenüber gebrochen habe, wolle sie nun die Wahrheit sagen.

Die große Liebe zu G. und die Angst, dass er sie verlassen würde und sie mit den Kindern auf der Straße lande, in einem Land dessen Sprache sie nicht spreche, hätten sie an G. gebunden. Ja, sie habe auch überlegt Fabian auszusetzen, aber nur um den Jungen vor G. und sich selbst zu schützen. Anfänglich will sie G. noch auf die Misshandlungen angesprochen haben, dass sie es nicht mehr aushalte, später habe sie dann aber mitgemacht, um G. zu gefallen und ihren Widerstand aufgegeben.

Hatte G. in seiner Einlassung noch gesagt, dass W. Fabian mit einer Vodka-Flasche geschlagen habe, weist die Kindsmutter diese Anschuldigungen zurück. Dies sei G. am 9. Januar gewesen. Sie habe die Schnittwunden versorgt, da G. keinen Arzt rufen wollte. Danach sei ihr Sohn Fabian verändert gewesen, wie gedämpft und er habe viel geschlafen. Die Körpertemperatur sei gesunken und sie hätte ihn tragen müssen. Dennoch habe sie nie daran gedacht, dass der Junge in Lebensgefahr sei. Am 13. Januar verstarb der Junge. Laut eines Gutachters erstickte der Junge an seinem Erbrochenen.

„Nach alledem bekenne ich mich schuldig im Sinne der Anklage mit Ausnahme des Vorwurfs, meinen Sohn durch Unterlassen grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben“, endet die Einlassung.

G.s Verteidiger wollen psychologisches Gutachten zu der Tochter

Die Verteidiger von Daniel G. kritisierten erneut die einseitigen Ermittlungen. Aufgrund der Vorwürfe der häuslichen Gewalt, zu denen es kein Urteil gäbe, sei er sofort in den Fokus der Ermittlungen geraten. Auch in der öffentlichen Wahrnehmung sei G. bereits vorverurteilt. Weiter kritisieren sie die Vernehmung der Tochter (7). Da W. die Tochter schon einmal beeinflusste, um bei der Polizei zu lügen, sei nicht auszuschließen, dass sie erneut Einfluss auf das Kind nahm, um entsprechend auszusagen und G. zu belasten. Gerade kleine Kinder könnten Realität und Fantasie nur schwer auseinanderhalten und Wahrnehmung und sprachliche Kompetenzen seien nicht voll ausgebildet, führte Timo Rahn aus. Außerdem musste die Vernehmung über eine Dolmetscherin geführt werden. Auch zeitliche Zusammenhänge könnte eine Sechsjährige Wochen nach der Tat nicht verlässlich wiedergeben. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass W. die Tochter vor der Vernehmung erneut beeinflusste.

Ebenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, da die Tochter durch die eigene Mutter misshandelt wurde und vielleicht traumatisiert sei, oder die Liebe der Mutter zurück wolle und daher entsprechend aussagte. Ein geschulter psychologischer Gutachter könne die Vernehmung möglicherweise mit einem anderen Ergebnis durchführen, als es ein Richter könne. „Der startete schon wenig emphatisch mit dem Tod des Jungen in das Gespräch, anstatt ein Vertrauensverhältnis aufzubauen“, so Verteidiger Björn Nordmann weiter.  

Außerdem möchten die Verteidiger eine Fachfirma beauftragen, um gelöschte Videos auf W.s Handy wiederherzustellen. Auf diesen soll laut G. Gewalt von W. gegen die Kinder zu sehen sein. W. bestreitet dies.

„Es bleibt derzeit doch völlig unklar, wer mit dem Hammer auf Fabian vor dessen Tod einschlug“, sagte Nordmann, „W. hat es zuvor schon getan. Die Tochter beschrieb G. bei der Polizei noch als liebevoll und dass dieser nur auf Rücken und Knie schlug. Wir müssen offene Fragen, die relevant für die Schuldfrage sind, klären.“